Absichtserklärung

Die Absichtserklärung (LOI) ist kein bindender Vertrag, aber ein wichtiges Signal der Ernsthaftigkeit. Sie regelt Vertraulichkeit, Exklusivität und Eckpunkte der Transaktion. Richtig formuliert, reduziert der LOI Risiken und schafft eine stabile Grundlage für Due Diligence und Vertragsabschluss, ohne die Flexibilität im weiteren Verhandlungsprozess einzuschränken.

Was ist eine Absichtserklärung (Letter of Intent, LOI)? #

Ein Letter of Intent (LOI) ist eine vorvertragliche Absichtserklärung, mit der sich Käufer und Verkäufer darauf verständigen, die Verhandlungen über eine Transaktion auf einer gemeinsamen Grundlage fortzuführen. Ein LOI ist normalerweise nicht rechtsverbindlich – ausgenommen ausdrücklich festgelegte Abschnitte, wie zum Beispiel:

  • Vertraulichkeit
  • Exklusivität – mit unterschiedlichen Ausprägungen:
    • Verhandlungsexklusivität: Der Verkäufer verpflichtet sich, während einer bestimmten Frist nur mit dem Käufer zu verhandeln.
    • Verkaufsexklusivität: Der Verkäufer darf das Unternehmen in dieser Zeit nicht an Dritte veräussern.
    • Right of First Refusal (Vorkaufsrecht): Der Käufer erhält das Recht, ein von einem Dritten unterbreitetes Angebot zuerst zu übernehmen.
    • Right of First Offer (Voranbietungsrecht): Der Verkäufer muss dem Käufer vor allen anderen Interessenten die Möglichkeit geben, ein Angebot abzugeben.
  • Kostenregelungen
  • Breakup Fee (Abbruchentschädigung)

Typische Inhalte eines LOI sind:

  • Beschreibung des Zielunternehmens
  • Kaufpreisvorstellung oder Bewertungsmethodik (z. B. auf Basis einer Unternehmensbewertung, Bewertungsmethoden)
  • Struktur der Transaktion (Share Deal oder Asset Deal)
  • Zeitplan für Due Diligence, Vertragsverhandlungen und Abschluss
  • Bedingungen für den Vertragsabschluss (Conditions Precedent)

Der LOI verbindet die Vorteile von Klarheit und Verbindlichkeit mit der Offenheit, Detailfragen erst später im Kaufvertrag auszuhandeln. Gerade bei Exklusivitätsklauseln ist sorgfältig abzuwägen, welche Form sinnvoll und verhältnismässig ist.

Bedeutung in der Schweizer Praxis, #

Ein LOI wird häufig verwendet:

  • als Zwischenschritt zwischen Erstkontakt und Due Diligence
  • bei der strukturierten Nachfolgeplanung
  • zur Einleitung eines Bieterverfahrens
  • zur Klärung der Erwartungen beider Parteien vor intensiven Verhandlungen

Der LOI wird meist dann unterzeichnet, wenn sich die Parteien auf die Eckpunkte – insbesondere den Kaufpreisrahmen – verständigt haben, die Due Diligence aber noch bevorsteht.

  • Für Käufer: Der LOI schafft Sicherheit, dass sich der Aufwand für Prüfungen und externe Berater lohnt.
  • Für Verkäufer: Er erhält die Bestätigung, dass der Interessent ernsthaft am Abschluss interessiert ist, und rechtfertigt so die Offenlegung sensibler Informationen.

Die Absichtserklärung wirkt damit als Brücke zwischen den Parteien, reduziert Informationsasymmetrien und strukturiert die nächsten Schritte.

Ein gut formulierter LOI schafft Sicherheit auf beiden Seiten – ohne bereits alle Details abschliessend zu regeln. Besonders wenn man eine Firma verkaufen will oder eine Unternehmensnachfolge organisiert, hilft der LOI, den Rahmen abzustecken und Missverständnisse frühzeitig zu vermeiden.

Praxisbeispiel #

Ein Unternehmer plant den Verkauf seiner IT-Dienstleistungsfirma. Nach ersten Gesprächen mit einem Investor einigen sich beide auf einen Kaufpreisrahmen von CHF 8–10 Mio. sowie auf die Durchführung eines Share Deals. Zur weiteren Strukturierung wird ein Letter of Intent unterzeichnet.

Dieser LOI enthält u. a.:

  • Kaufpreisrahmen: CHF 8–10 Mio., basierend auf einem EBITDA-Multiple.
  • Exklusivität: Der Verkäufer verpflichtet sich, während zwei Monaten nicht an andere Interessenten zu verkaufen.
  • Geheimhaltung: Alle erhaltenen Daten werden vertraulich behandelt.
  • Zeitplan: Die Due Diligence soll in sechs Wochen abgeschlossen sein. Danach beginnen Vertragsverhandlungen mit dem Ziel, den Unternehmenskaufvertrag (SPA) innert vier Wochen zu unterzeichnen.
  • Breakup Fee: Beide Parteien verpflichten sich, eine Abbruchentschädigung zu zahlen, falls sie ohne wichtigen Grund vom Prozess zurücktreten. Beispiel: Der Käufer bricht ab, obwohl sich keine neuen Risiken gezeigt haben – oder der Verkäufer entscheidet sich plötzlich gegen den Verkauf, obwohl die vereinbarten Konditionen unverändert bleiben.
  • Kostenregelung: Der Käufer trägt die Aufwendungen für Due Diligence und seine Berater.

So entsteht eine ausgewogene Situation: Der Käufer erhält Exklusivität und Planungssicherheit, während der Verkäufer sicher sein kann, dass der Investor engagiert und finanziell verpflichtet ist. Die Breakup Fee für beide Seiten sorgt zusätzlich für ein ausgewogenes Commitment.

Rolle bei Bewertung, Nachfolge und Verkauf #

Wer eine Firma bewerten lässt, kann den Ergebniswert oder die Bewertungsmethodik direkt im LOI aufnehmen. Das schafft Transparenz und vermeidet spätere Diskussionen über die Wertermittlung. Auch bei Earn-Out-Regelungen oder variablen Kaufpreisbestandteilen kann der LOI genutzt werden, um die wesentlichen Eckpunkte vorab festzuhalten. In Nachfolgeprozessen zeigt der LOI, dass der Käufer ernsthaft interessiert ist – ohne gleich alle rechtlichen Verpflichtungen einzugehen. Für den Verkäufer ist er ein Signal, dass sich der Aufwand für die Vorbereitung der nächsten Schritte (z. B. Due Diligence) lohnt.

So sinnvoll ein LOI in gewissen Fällen ist, kann die Unterzeichnung einer Absichtserklärung aber auch Gefahren mit sich bringen. Enthält der LOI Regelungen betreffend den Verhandlungen mit anderen Parteien (Exklusivität), so kann dies den weiteren Verkaufsprozess stark einschränken. Es ist entscheidend, dass man über die nötige Erfahrung verfügt, um abschätzen zu können, wann welche Art von Exklusivität sinnvoll ist und gewährt werden kann.

Sind mehrere Interessenten vorhanden, so empfehlen wir, zuerst ein unverbindliches Angebot (NBO) von jedem Interessenten einzuholen und erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn überhaupt eine Absichtserklärung zu unterzeichnen.

Abgrenzung zu ähnlichen Dokumenten #

Neben der Absichtserklärung existieren weitere Dokumente mit ähnlicher Funktion, die sich aber in Detailtiefe und Verbindlichkeit unterscheiden:

  • Term Sheet: Zusammenfassung der wichtigsten wirtschaftlichen und rechtlichen Eckpunkte. Detaillierter als ein LOI, meist unverbindlich, aber oft mit bindenden Nebenabreden (z. B. Vertraulichkeit).
  • Non-Binding Offer (NBO): Unverbindliches Angebot im Rahmen eines Bieterverfahrens. Es enthält Preisvorstellungen und Transaktionsstruktur, ohne rechtliche Bindung.
  • Vorvertrag: Rechtlich verbindlich – die Parteien verpflichten sich, einen Hauptvertrag zu den festgelegten Bedingungen abzuschliessen. In der M&A-Praxis selten, da er Flexibilität stark einschränkt.
  • Heads of Agreement: Ähnelt einem LOI oder Term Sheet, meist formeller. Fasst zentrale Punkte zusammen, in der Regel unverbindlich, mit Ausnahme spezifischer Klauseln.

Fazit #

Die Absichtserklärung (LOI) ist ein pragmatischer, flexibler und strukturierender Zwischenschritt im Transaktionsprozess. In der Schweiz hat sie sich etabliert – wer eine Firma verkaufen möchte, eine Nachfolgelösungen oder Investorenbeteiligungen sucht und den LOI klar formuliert, realistische Erwartungen setzt und verbindliche Passagen bewusst auswählt, schafft die Basis für ein vertrauensvolles und effizientes Verhandlungsverfahren. Exklusivitätsvereinbarungen sind aber mit Vorsicht zu beurteilen, damit der Verkaufsprozess nicht unnötig erschwert wird.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) #

Wie unterscheidet sich eine Absichtserklärung von einem Kaufvertrag?

Ein Kaufvertrag ist rechtsverbindlich und verpflichtet beide Parteien zur Erfüllung der vereinbarten Bedingungen. Eine Absichtserklärung stellt hingegen eine unverbindliche Absichtserklärung dar – mit Ausnahme explizit als verbindlich festgelegter Klauseln.

Kann eine Absichtserklärung nachträglich geändert werden?

Ja, eine Absichtserklärung kann jederzeit angepasst oder widerrufen werden, sofern keine verbindlichen Bestandteile betroffen sind.

Muss eine Absichtserklärung schriftlich verfasst sein?

Nein, aber dies wird empfohlen, um Transparenz zu gewährleisten und Missverständnisse zu vermeiden.

Welche Folgen hat die Nichteinhaltung einer Absichtserklärung?

Bei unverbindlichen Absichtserklärungen gibt es keine rechtlichen Konsequenzen. Werden jedoch verbindliche Klauseln, wie Geheimhaltung oder Exklusivität, verletzt, kann dies rechtliche Ansprüche nach sich ziehen.

Wann ist eine Absichtserklärung sinnvoll?

Eine Absichtserklärung wird genutzt, um eine erste Einigung über die wesentlichen Rahmenbedingungen einer Zusammenarbeit oder Transaktion zu dokumentieren, bevor ein detaillierter Vertrag ausgearbeitet wird. Die Beurteilung wann und ob eine Absichtserklärung sinnvoll ist, braucht Erfahrung.

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