Branchenreport Industrie

Einleitung

In diesem Branchenbericht bieten wir einen umfassenden Überblick über die Entwicklung, Trends, Herausforderungen und M&A-Aktivitäten in der Schweizer Industrie. Die Industrie ist ein wesentlicher Pfeiler der Schweizer Wirtschaft und trug 2022 ca. 25% zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz bei. Die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie («MEM-Industrie») sowie die Life-Sciences-Sparte spielen eine zentrale Rolle, nicht nur hinsichtlich der Beschäftigung, sondern auch in Bezug auf den Exporterfolg der Schweiz.1 Diese Sektoren treiben sowohl die Exportleistung als auch technologische Innovationen voran, was wiederum die starke Position der Schweizer Industrie auf dem Weltmarkt festigt.

1. Marktstruktur und wirtschaftliche Bedeutung

Die Schweizer Industrie zeichnet sich durch eine starke Exportorientierung und Innovationskraft aus. Im Jahr 2022 konnten die Exporte um 7,2% auf einen neuen Höchstwert von CHF 278,6 Milliarden gesteigert werden.

Die Life-Sciences- und Chemieindustrie trugen massgeblich zu diesem Wachstum bei, wobei die Life-Sciences-Sparte allein 39% der Gesamtexporte ausmachte und Produkte im Wert von CHF 109,6 Milliarden ins Ausland exportierte. Auch die Schweizer Uhrenindustrie verzeichnete mit einem Anstieg der Exporte um 7,6% auf CHF 26,7 Milliarden ein überaus erfolgreiches Jahr.2, 3

Die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM-Industrie) ist ebenfalls ein bedeutender Arbeitgeber in der Schweiz Kleine und mittelständische Unternehmen, die durch ihre Innovationskraft und Qualität überzeugen, prägen die Struktur dieser Branche.1

 

2. Trends und Wachstumsraten

Wachstum im Life-Sciences-Sektor

Der Life-Sciences-Sektor bleibt ein entscheidender Wachstumsmotor für die Schweizer Wirtschaft. 2023 trugen Exporte im Bereich der Immunologie, inklusive biotechnologischer Produkte wie monoklonale Antikörper und Impfstoffe, mit einem Exportwert von CHF 47,1 Milliarden massgeblich zum Gesamtexport bei. Dies entspricht einem Rückgang von 1,4% im Vergleich zum Vorjahr. Trotz des Rückgangs der Impfstoffexporte aufgrund der abnehmenden COVID-19-Nachfrage wurde dieser durch das Wachstum in anderen Kategorien ausgeglichen. Insbesondere der Anstieg in weiteren immunologischen Bereichen kompensierte den Rückgang der Impfstoffexporte um CHF 2,4 Milliarden.4

Wachstum im Bereich der Erneuerbaren Energien

Die Schweiz hat bedeutende Fortschritte im Bereich der erneuerbaren Energien erzielt, insbesondere bei der Solarenergie. Im Jahr 2023 wurden über 1,5 GW an neuen Photovoltaik-Systemen installiert, was ca. 10% des jährlichen Stromverbrauchs deckt. Eine im Jahr 2024 verabschiedete Änderung des Elektrizitätsgesetzes (StromVG), die von 68,72% der Schweizer Bevölkerung unterstützt wurde, fordert, dass alle neuen Gebäude mit einer Fläche von mehr als 300 m² mit Solaranlagen auf Dächern oder Fassaden ausgestattet werden müssen. Diese Massnahme wird das Wachstum der Solarenergie weiter beschleunigen. Bis 2035 soll der Anteil der erneuerbaren Energien 35 TWh pro Jahr erreichen, wobei der Fokus auf Lösungen im Bereich Solarenergie liegt.5

Wachstum im Hochtechnologiesektor

Der Hochtechnologiesektor in der Schweiz verzeichnet ein starkes Wachstum, insbesondere bei Unternehmen, die auf künstliche Intelligenz (KI), Robotik und industrielle Automatisierung spezialisiert sind. Im Jahr 2023 hat die Schweiz grosse Fortschritte erzielt, da sie sich durch ihre Innovationskraft und erstklassige Universitäten als aufstrebendes Technologiezentrum etabliert. Start-ups und reife Unternehmen in diesem Bereich profitieren von einem Umfeld, das Innovation und technologischen Fortschritt fördert. Unternehmen wie Climeworks, spezialisiert auf Direct Air Capture-Technologie, und Neurosoft Bioelectronics, Entwickler implantierbarer Elektroden für das Nervensystem, stehen beispielhaft für das dynamische Wachstum in diesem Sektor.6

3. Herausforderungen

Starke Schwankungen des Schweizer Frankens

Die anhaltende Stärke des Schweizer Frankens stellt eine erhebliche Belastung für die exportorientierte Industrie dar. Die starke Währung führt zu höheren Preisen für Schweizer Produkte auf dem Weltmarkt, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt und der Druck auf die Gewinnmargen erhöht wird. Viele Unternehmen haben bereits Massnahmen ergriffen, um den Herausforderungen zu begegnen, wie die Verlagerung von Produktionsschritten ins Ausland und strenge Kostenkontrollen. Langfristige Strategien umfassen die Förderung von Innovation durch Industrie 4.0-Technologien, Internationalisierung in Kernmärkte wie USA und China, sowie die Entwicklung neuer Dienstleistungen und Partnerschaften, um Wachstum zu sichern.7

Rohstoff- und Energiepreise

Die Preise für Rohstoffe und Energie stellen für die Schweizer Industrie nach wie vor eine erhebliche Herausforderung dar, insbesondere angesichts der aktuellen geopolitischen Unsicherheiten, hohen Inflationsraten und der anhaltenden Volatilität auf den Rohstoffmärkten. Die Metall- und Chemieindustrie ist von den hohen Produktionskosten in besonderem Masse betroffen. Die Preise für zahlreiche Rohstoffe, darunter Kupfer, Nickel und seltene Erden, sind infolge geopolitischer Spannungen, klimatischer Veränderungen sowie Spekulationen auf den Märkten signifikant gestiegen. Diese Volatilität erschwert die Sicherung der Gewinnmargen der Unternehmen und zwingt sie dazu, nach effizienteren und nachhaltigeren Lösungen zu suchen.8

Geopolitische Unsicherheiten und Handelskonflikte

Geopolitische Spannungen, insbesondere zwischen den USA und China sowie der anhaltende Konflikt in der Ukraine, bergen erhebliche Risiken für die Schweizer Industrie. Zu den grössten Risiken zählen Lieferkettenstörungen und steigende Rohstoff- und Energiekosten, die fast 50% der Unternehmen direkt betreffen. Diese Unsicherheiten wirken sich negativ auf die internationalen Handelsbeziehungen aus und können zu einer Destabilisierung der Exportmärkte führen. Die Schweizer Wirtschaft ist stark exportorientiert und somit auf stabile internationale Handelsbeziehungen angewiesen. Um diesen Risiken entgegenzuwirken, diversifizieren viele Unternehmen ihre Lieferketten und setzen verstärkt auf regionale Anbieter.9

4. M&A Aktivität

Wichtige Übernahmen und Fusionen in der Industriebranche unterstreichen das Interesse von Investoren:

2023

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2021

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2021

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ABB übernimmt ASTI Mobile Robotics Group

Sulzer übernimmt Nordic Water

Georg Fischer übernimmt Mehrheitsbeteiligung an Corys Piping Systems

2023

Georg Fischer übernimmt Mehrheitsbeteiligung an Corys Piping Systems

2021

Sulzer übernimmt Nordic Water

2021

ABB übernimmt ASTI Mobile Robotics Group

Diese Transaktionen unterstreichen das Interesse etablierter Unternehmen an der Diversifizierung und Erweiterung ihrer Kapazitäten innerhalb der Industriebranche.

5. Faktoren für Attraktivität &
Unternehmensbewertung

Nachhaltigkeit und umweltfreundliche Produktion

Die Schweizer Industrie legt grossen Wert auf nachhaltige Produktion und die Einhaltung hoher Umweltstandards. Dies wird zunehmend als positiver Faktor bei Unternehmensbewertungen gesehen, da Investoren verstärkt auf Unternehmen setzen, die ökologische Verantwortung übernehmen und sich den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft verschreiben. Insbesondere in der Medizintechnik und dem Maschinenbau haben Schweizer Unternehmen durch umweltfreundliche Innovationen und energieeffiziente Produktionsmethoden internationale Anerkennung erlangt und eine Vorreiterrolle eingenommen.10

Schweizer Wertschöpfungskette und Clusterbildung

Die Schweizer Industrie profitiert von einer stark vernetzten Wertschöpfungskette sowie der Bildung von Industrieclustern. Beispiele für erfolgreiche Clusterbildungen sind Regionen wie das ‚Precision Valley‘ in der Jura-Region, wo sich Unternehmen, Zulieferer, Forschungsinstitute und Bildungseinrichtungen konzentrieren. Diese Cluster fördern den Austausch von Wissen und Innovation und bieten Unternehmen Zugang zu spezialisierten Lieferketten und Technologien. Die enge Zusammenarbeit stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Schweizer Industrieunternehmen.11

Smart Factory und Vernetzung

Die Entwicklung von ‚Smart Factories‘, die durch vernetzte Maschinen und automatisierte Prozesse gekennzeichnet sind, stellt einen entscheidenden Faktor für den Erfolg in der modernen Industrie dar. Schweizer Unternehmen, die in solche Technologien investieren, können ihre Produktionsprozesse flexibler und reaktionsschneller gestalten. Damit wird die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt und die Möglichkeit eröffnet, personalisierte und kundenspezifische Produkte anzubieten. Die Implementierung von Industrie-4.0-Technologien kann zu einer höheren Bewertung führen, da sie als Indikator für Innovation und zukunftsorientierte Geschäftspraktiken gilt.12

6. Bewertungsmultiplikatoren

Im Kalenderjahr 2024 lag das durchschnittliche EV/EBITDA Multiple bei 5.55x, mit einem Tiefstwert von 5.0x und einem Höchstwert von 6.4x.13 Unternehmen, die in Präzisionstechnologien und digitale Transformation investieren, erzielen tendenziell höhere Bewertungen, da die Nachfrage nach innovativen Lösungen weiterwächst.

7. Fazit

Die Schweizer Industrie bleibt ein zentraler Bestandteil der nationalen Wirtschaft. Ihre Innovationskraft, Exportstärke und die Fähigkeit, auf globale Herausforderungen zu reagieren, machen sie zu einem attraktiven Investitionsziel. M&A-Aktivitäten spielen eine zentrale Rolle in der Konsolidierung des Sektors. Unternehmen die konsequent auf Technologie und Nachhaltigkeit setzen, sind gut positioniert, um von den zukünftigen Entwicklungen zu profitieren.

Quellen: 1) EDA 2) Swiss Biotech 3) Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie 4) Swiss Biotech 5) Deboutte  6) PwC 7) Deloitte 8) Swiss Info 9) Deloitte 10) Swiss Sustainable Finance 11) Switzerland Global Enterprise 12) PwC 13) Dealsuite